Buchreferat über 'Ich bin kein Berliner', von Wladimir Kaminer

12.01.2017 00:08

Buchreferat über Ich bin kein Berliner. Ein Reiseführer für faule Touristen von Wladimir Kaminer 

 

Dieses Buch wurde 2007 von Wladimir Kaminer geschrieben, der wurde 1967 in Moskau geboren und lebt seit 1990 in Berlin. Er schildert die Stadt in all ihren Facetten in einem Buch, das besteht aus dreiunddreißig mitreißenden Kapiteln. Eine Handlung existiert nicht, der einzige rote Faden ist die Liebe des Autors zu Berlin, und er entwirft am Ende des Buches auch gleich eine Vision für die Zukunft der Hauptstadt. 

Zuerst bericht der Schrifteller im ersten Kapitel, „Ich bin kein Berliner“, über seine eigene Vergangenheit. Er erzählt, dass schon an seinem ersten Tag in Berlin er im Berliner Polizeipräsidium Fragebögen ausfüllen musstet, um humanitäres Asyl gewährt zu bekommen. Die erste Frage war »Aus welchem Grund haben Sie Deutschland gewählt, und was haben Sie in Deutschland vor?«, aber fünfzehn Jahre später kann er es noch nicht antworten, weil er zufällig in Deutschland gelandet war. Er war nach Ostberlin gegangen, aus Gründen, die ihm bis zur Veröffentlichung des Buches rätselhaft geblieben waren. 

Danach gibt es im zweiten Kapitel, „Berlins Geschichte in Kürze“, eine schmale Einführung in die Berliner Historie. Nach dem Gleichnis, dass der Autor stellt sich vor, gab es in Berlin zwei Gruppen Menschen vor langer Zeit, als die Grenzen Europas noch nicht festgelegt waren. Sie waren die Bärenmenschen und die Affenmenschen. Mit der Zeit kamen sie einander etwas näher, und sogar manche heirateten. Dabei kamen die ersten Berliner zur Welt, Zwitter aus Affen und Bären. 

Dann erklärt Kaminer im dritten Kapitel, „Berliner Kuppe“, dass Berlin nicht Deutschland ist, weil es viele kleine Deutschlands in den deutschen Regionen gibt, deswegen muss jeder, der Deutschland sehen will, in den Wald gehenDie Bürger der ehemaligen DDR hatten kein Recht auf Urlaub im Ausland, und deshalb gingen sie auf die Straße mit Plakaten, die „Freie Fahrt nach Gießen“ proklamierten. Jetzt können sie ins Ausland reisen, trotzdem tun sie es nicht, weil es sich klar wurde, dass die DDR so viele Urlaubsmöglichkeiten zu bieten hat. 

Darauf erkennt der Schrifteller im vierten Kapitel, „Berliner Großereignisse“, dass die Berliner mindestens zweimal jedem Winter gerne ausgehen, wenn Berlinale und Grüne Woche stattfinden. Trotzdem besichtigen die Berliner die Halle der Grünen Woche erst am letzten Tag, wenn die Aussteller schon mit dem Abbauen begonnen haben. 

Anschließend spricht der Autor im fünften Kapitel über den „Berliner Dialekt“, dessen berühmteste Wört „Na“ ist. Wenn sich in Berlin zwei alte Freunde treffen, sagt der eine: „Na?“, was zurück ins Deutsche übersetzt bedeutet: Guten Tag, alter Freund, wir haben uns aber lange nicht gesehen! Was macht die Frau, das Kind, der Hund? Wie geht es deiner Oma? Der andere reagiert in der Regel mit einem bestimmten Nawas besagt, dass bei ihm alles in Ordnung ist. Danach klopfen sie einander auf die Schulter und gehen weiter, jeder in seine Richtung. 

Im Anschluss daran erklärt der Schrifteller im sechsten Kapitel, „Warum der Postmann in Berlin immer zweimal klingelt“, dass viele ostberliner bei der Stasi arbeiten mussten, um überleben zu können. Er erinnert sich, dass sein Briefträger als Mordkommissar bei der Volkspolizei arbeitete, und deswegen klingelt er immer zweimal. Kaminer behauptet, dass die Zeit der DDR der schrecklichste der Geschichte Berlins war. 

Danach gibt Kaminer im siebten Kapitel, „Shoppen in Berlin“, zu, dass er Kaufhäuser nicht mag, aber unglücklicherweise stehen in seinem Bezirk, Prenzlauer Berg, mehrere solcher Häuser. Die kleinen Läden neben den großen Kaufzentren haben es bei ihm nicht leicht, und sie müssen täglich ums Überleben kämpfen. 

Dann beschreibt der Autor im achten Kapitel, „Berliner Gastronomie“, einen Tag zwei seiner Weißrussischen Freundinnen, die als Kellnerinnen in einem Restaurant Berlins, das nie leer ist, arbeiten. Am meisten Ärger haben sie mit den japanischen Touristen, weil sie Wurst und Sauerkraut immer bestellen, nicht um dieses Gericht zu essen, sondern um es zu fotografieren. 

Anschließend entdecken wir im neunten Kapitel, „Berlin ist eine Kneipe“, dass Berlin eine geheimnisvolle Stadt ist, und dass Nichts in Berlin so ist, wie es scheint. Der Schrifteller erzählt, dass jedes Mal, wenn er essen geht, stellt es sich heraus, dass die Besitzer einer italienischen Kneipe in Wirklichkeit griechisch sind, dass die Japaner in einer authentischen Sushi-Bar sich als Russen entpuppen, und dass die Türken, die einen Grillhähnchen-Imbiss betrieben, Bulgarisch sprechen. 

Darauf berichtet der Verfasser im zehnten Kapitel, „Nazis und andere Sehenswürdigkeiten“, dass seine Verwandten im Nordkaukasus sich große Sorgen um die Familie in Berlin machen, weil sie sich auf die einseitige Berichterstattung über Berlin im russischen Fernsehen besinnen. Dort werden nämlich immer wieder Nazidemos, Krawalle, brennende Häuser und umgekippte Autos gezeigt, aber glücklich sind die Nazis längst weggegangen. 

Im Anschluss daran sagt Kaminer im elften Kapitel, „Berlin – eine Theaterhauptstadt“, dass es einige hundert Theater in Berlin gibt, und dass beinahe die halbe Stadt im Theater beschäftigt ist. 

Danach erzählt der Autor im zwölften Kapitel, „Berliner Bildung“, dass es in seinem Bezirk drei Grundschulen zur Auswahl gibt: die liberale fortgeschrittene Montessorischule, die unheimlich konservative katholische und die ganz normale deutsche demokratische, wo seine zwei Kinder lernen 

Dann sagt der Schrifteller im dreizehnten Kapitel, „Die Fußballstadt“, dass er die Fußballbegeisterung vieler Berliner nicht nachvollziehen konnte, und dass er Fußballfieber eines solchen Grades erst in Deutschland kennengelernt hat. Im Juli 1990, als er in Berlin angekommen ist, herrschte an der Stadt eine feierliche Stimmung, die er dachte, dass etwas mit dem Fall der Mauer zu tun habe. Erst in der Nacht erfuhr er, dass Deutschland hatte in Italien gegen Argentinien 1:0 gewonnen, und war Fußballweltmeister geworden. 

Darauf sagt Kaminer im vierzehnten Kapitel, „Handeln und Feilschen in Berlin“, dass das Feilschen so viel Spaß wie auf Berlin nirgendwo macht, und dass in seiner sozialistischen Heimat alle Preise von der Regierung festgelegt waren, deshalb galt das Feilschen dort als staatsfeindlicher Akt. 

Anschließend erzählt der Schrifteller im fünfzehnten Kapitel, „Die Kriminalität“, dass es in Berlin Diebstahl fast nicht gibt, aber in Lissabon wurde seine Tasche gestohlen. 

Im Anschluss daran sagt der Autor im sechzehnten Kapitel, „Berliner Touristen“, dass er die Touristen mag, und dass er ihnen gerne zeigt, wie sie da und dort hinkommen, auch wenn er den richtigen Weg selbst nicht kennt. 

Danach erzählt Kaminer im siebzehnten Kapitel, „Unterwegs in der Sonnenstadt Berlin“, dass der Grillplatz Tiergarten ihn nicht wirklich beeindruckt hat, weil der größte Berliner Grillplatz sich nämlich nicht im Westen befindet, sondern direkt vor seinem Fenster an der Grenze zwischen Wedding und Prenzlauer Berg. 

Dann berichtet der Verfasser im achtzehnten Kapitel, „Berliner Ökonomie“, dass es einen Gummibärchenladen gibt, der alle anderen Geschäfte auf seiner Straße überleben wird, außer dem Ramschladen „Jedes Teil nur 55 Cent“, den es auch schon seit Ewigkeiten bei ihm gibt. 

Darauf erzählt der Autor im neunzehnten Kapitel, „Die kleinste Minderheit von Berlin“, über einen jungen Tschuktschen, den er in Berlin kennenlernte. Der sowjetischen Armee hatte in seinem Dorf, das Alaska am nähesten liegende sowjetische Dorf, unzählbare Atomraketen, damit die Sowjetunion Amerika erwischen konnte. Obwohl sie 1993 abgebaut wurden, bleib ziemlich Radioaktivität jedoch erhalten. Eine UNO-Kommission kommt einmal im Jahr, und wundert sich dann, dass die Tschuktschen immer weiter weniger geworden sind, aber natürlich tut sie dagegen nichts. 

Anschließend sagt Kaminer im zwanzigsten Kapitel, „Malewitsch lachte“, dass der weißrussische Maler Kasimir Malewitsch mehrmals beteuerte, seine Werke wären von der Sünde des Gegenstands befreit. Trotzdem hörten die Menschen nicht auf, in seinen Bildern nach einem Gegenstand zu suchen; und viele fanden etwas! Auf dem Bild »Weißes Kreuz auf weißem Grund« sah ein Museumswächter ein Gesicht, und Kaminer fühlte, dass der Künstler ihnen aus dem weißen Kreuz anlächelte. 

Dann berichtet der Verfasser im einundzwanzigsten Kapitel, „Berliner Musik“, dass er an einem kostenlosen Großstadtmusiktag unterwegs war, am Weltspartag. Dieser Tag spielt eine wichtige Rolle in Westdeutschland, denn ist Sparen im heutigen wiedervereinigten Deutschland ein wichtiges Thema. Laut Statistik stirbt jeder Deutsche mit durchschnittlich hundertfünfzigtausend Euro auf dem Konto. Die Finanzexperten sehen darin eine Besinnung der Deutschen auf die alten Wikingersitten. Alles Wertvolle nahmen die Wikinger mit ins Grab. 

Im Anschluss daran sagt der Autor im zweiundzwanzigsten Kapitel, „Dichter über Berlin“, dass nach 1990 haben viele Akademiker aus dem Osten ein Bücherantiquariat aufgemacht, zumeist mit ebenfalls ausrangierten DDR-Büchern. Es gibt auch die »Bücherstadt«, wo man aus dem ehemaligen Hauptquartier erst der kaiserlichen, dann der nationalsozialistischen und dann der sowjetischen Armee einen Antiquariats-Supermarkt gemacht hat. 

Dann berichtet der Dichter im dreiundzwanzigsten Kapitel, „Berlin – eine Arbeiterstadt“, dass man der Meinung ist, nahezu die gesamte deutsche Industrie befände sich in den südlichen Bundesländern, während im Norden immer weniger produziert wird, im Osten nur noch Rotkäppchen-Sekt, und in Berlin schon gar nichts mehr. Kaminer dacht, dass das eine krasse Lüge ist, weil Berlin durchaus über Industriebetriebe und Fabriken verfügt. 

Darauf erzählt der Schrifteller im vierundzwanzigsten Kapitel, „Berliner Kinder“, dass langsam die Babys seinen Bezirk in einen einzigen Kindergarten verwandelt haben, und seitdem seine Freunde, Eltern geworden sind, verhalten sie sich kindisch. Ein Freund hat ihm eine SMS geschickt, wo sagte er, dass er sich überfordert als Geschäftsführer fühlte, deswegen würde er nicht mehr die Geschäftsführung machen. Zehn Minuten später schrieb er, dass sein Kind schläft, und alles ist in Ordnung. Deshalb glaubt der Autor, dass nicht die Politiker aber die Kinder heimlich an seiner Ecke regieren, und sie lassen die Erwachsenen zu ihrer Musik tanzen. 

Im Anschluss daran berichtet der Autor im fünfundzwanzigsten Kapitel, „Frauenmode in Berlin“, dass die Isolation der Sowjetunion ihre positiven Seiten in Sachen Mode und Stil hatte, weil die Bevölkerung von den Modegurus der westlichen Welt wenig Ahnung hatte, und darum wurde alles zu Hause nach den eigenen Vorstellungen von Mode und Schick geschneidert. Im gegenteil hat er das Gefühl, dass im Westen alle Frauen exakt gleich anziehen. 

Danach erzählt Kaminer im sechsundzwanzigsten Kapitel, „Männermode in Berlin“, dass in Moskau die Männermode hauptsächlich vom Wetter und der Willkür des Staates abhängig war. Mit dem Fall des Sozialismus wurde aber die Produktion von Wattejacken und Filzstiefeln drastisch reduziert und schließlich eingestellt, und die Bevölkerung musste sich den neuen kapitalistischen Verhältnissen anpassen, wobei sie sich sofort in Arm und Reich teilte. 

Dann erzählt Kaminer im siebenundzwanzigsten Kapitel, „Berliner Hoppegarten“, dass er Freunde hat, die ein Computerprogramm entworfen hatten, mit dem man jedes Pferderennen voraussagen konnte. Unglücklicherweise ist es nicht zuverlässige, und darum hat er etwas Geld verloren. 

Darauf sagt der Dichter im achtundzwanzigsten Kapitel, „Berliner Wirtschaft“, dass weniger als zehn Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung in Berlin in der Großindustrie tätig ist, das heißt, dass die Berliner in kleinen Betrieben untergekommen sind. 

Anschließend berichtet der Verfasser im neunundzwanzigsten Kapitel, „Berliner Fauna“, dass die Kinder, die in einer Großstadt leben, kaum Zugang zur Tierwelt haben, deswegen man von den Kindern Berlins viel Herz für Tiere kaum erwarten kann. 

Im Anschluss daran sagt der Dichter im dreißigsten Kapitel, „Deutsche Zeitzonen“, dass es in Deutschland zwei Zeitzonen gibt: die Berliner Schnellzeitzone und die langsame Zone drum herum. Bei den Lesungen außerhalb Berlins versucht er stets, langsamer zu sprechen und längere Pausen zu machen. 

Danach berichtet Kaminer im einunddreißigsten Kapitel, „Berliner Hochzeiten“, dass Heirat in Deutschland unpopulär geworden ist, jedoch sie ist unvermeidlich, wenn die Braut oder der Bräutigam aus dem Ausland kommen. Wenn dem so ist, wird dem deutschen Staatsbürger erklärt, dass er sich im Falle einer Scheinehe strafbar macht, hundertprozentig im Knast landet und nie wieder herauskommt. Nach einem Vergleich Kaminer schließtwird man in Dänemark viel schneller verheiratet. 

Darauf erzählt der Dichter im zweiunddreißigsten Kapitel, „Berliner Aberglaube“, dass die meisten Leute geheimen Symbolen und versteckten Zeichen sucht, weil sie nicht überleben können, ohne an irgendetwas zu glauben, während die Berliner glaubensfaul sind. Deswegen stehen die Kirchen meistens leer. 

Schließlich berichtet der Verfasser im dreiunddreißigsten Kapitel, „Eine Vision für Berlin - Meine erste Rede als Bürgermeisterkandidat“, dass im Kapitalismus mit Hilfe der Politik die Gewinne privatisiert wurden, die Verluste dagegen verstaatlicht. Aufgrund eines solchen Geschäfts hat zum Beispiel die Stadt Berlin einen Schuldenberg abzutragen, an dem die Bewohner völlig unschuldig sind. Die Politiker und Bankiers, die für ihn verantwortlich sind, leben inzwischen schuldenfrei auf Hawaii. Als Bürgermeister würde ich für das alte überschuldete Berlin daher Pleite anmelden und gleichzeitig eine neue Stadt gründen: die New Berlin AG. 

Meiner Meinung nach ist das Buch sehr schön und interessant geschrieben, aber was mir jedoch weniger gefallen hat war, dass es keine Handlung gibt. Trotzdem ist das Buch sehr zu empfehlen, da Kaminer dem Leser in leicht verständlicher Sprache komplizierte Thematiken wie Patriotismus, Immigration und Solidarität vor Augen führt. Durch dieses Buch lehrt der Schrifteller uns, dass die Menschen einander nicht nur treffen sollen, sondern einander helfen, weil Gemeinschaftsgeist die Grundlage der menschlichen Existenz ist.